150. Geburtstag von Ernst Schoemperlen: Der Mann, der den Stern zum Leuchten brachte.
2023 kann die S&G Automobil AG auf eine 125-jährige Geschichte zurückblicken. Bereits in diesem Jahr geht dem feierlichen Anlass des ältesten Mercedes-Benz Partners der Welt ein weiteres Jubiläum voraus: Am 9. Juni jährt sich der Geburtstag des S&G Gründervaters Ernst Schoemperlen zum 150. Mal. Seine Geschichte erzählt von einem außergewöhnlichen Unternehmerleben und von Begegnungen, die kein Drehbuch hätte besser inszenieren können.
Ernst Schoemperlen wurde 1872 im badischen Lahr geboren. Wohl auf Zuraten seines Vaters, der eine Buchdruckerei besaß, wandte sich der junge Mann zunächst dem Buch- und Kunstdruck zu. Bald jedoch galt sein Interesse ganz den modernen technischen Entwicklungen seiner Epoche. Mit vielen seiner Zeitgenossen teilte Ernst Schoemperlen die Vorliebe für Automaten. Besonders fasziniert war er von den Ausstellungsautomaten der Firma Stollwerck aus Köln. Als in der Karlsruher Kaiser-Wilhelm-Passage, die als einer der ersten Innenstadtkomplexe elektrifiziert worden war, Räume frei wurden, griff Schoemperlen zu: Für die stattliche Summe von 20.000 Mark erwarb er eine ganze Serie dieser Automaten und stellte sie auf den von ihm angemieteten Flächen auf.
Die teils mit Strom betriebenen Automaten hatten allerlei zu bieten: Man konnte Musikstücke abspielen, sich parfümieren oder per Selbstphotographierer auf einem Metallplättchen verewigen lassen. Für 10 Groschen spuckten die neuen Warenautomaten einen Schokoladenriegel aus. Rasch wurde Schoemperlens Automatenhalle zu einem wirtschaftlich einträgigen Publikumsmagneten. Doch gab es etwas, was den technikbegeisterten jungen Mann noch weit mehr begeisterte: das neu aufkommende Automobil.
Ernst Schoemperlen
Karlsruhes erster Gebrauchtwagen-Besitzer
Schon 1898 wurde Schoemperlen stolzer Besitzer eines gebrauchten Benz-Fahrzeugs. Carl Steinmetz, ein Bürgermeistersohn aus Durlach, bot sein Velo Nr. 73 aus der Benz‘schen Werkstatt zum Verkauf an. Für 550 Mark wechselte das 1,5-PS Gefährt seinen Besitzer und machte den 26-jährigen Ernst Schoemperlen zu Karlsruhes ersten Gebrauchtwagenbesitzer.
Seine Anschaffung diente dem begeisterten Tüftler als Lehrmodell: Jedes Fahrzeugteil wurde sorgsam ausgebaut, eingehend untersucht und wieder eingebaut, bis er wirklich alles über die neue Technik wusste. Ein Jahr und ein paar Reparaturen später verkaufte Schoemperlen das Fahrzeug weiter – für 1.280 Mark, das 2,3-Fache des Anschaffungspreises. Was lag also näher, als darüber nachzudenken, Autohändler zu werden?
Zunächst jedoch überwog das technische Interesse. Im Karlsruher Hinterhof seines Vermieters Anton Fütterer richtete sich Ernst Schoemperlen eine kleine Autowerkstatt ein. Er taufte sie „Automobil-Centrale“, worin eher die Beschwörung einer großen Zukunft als die realistische Beschreibung der Gegenwart zum Ausdruck kam. Denn die war anfangs noch recht bescheiden. Äußerst dünn gesät war der Kreis derer, die ein Automobil besaßen. Sie alle waren darum zwangsläufig auf den Austausch mit Gleichgesinnten angewiesen. Hinzu kam: Diese ersten knatternden „Benzinkutschen“ waren zwar innovativ, aber alles andere als zuverlässig. Ernst Schoemperlen selbst erinnerte sich später daran, dass er bei Ausfahrten „mehr Zeit unter den Fahrzeugen verbrachte als drinnen saß“. Für den Kreis der ersten Fahrzeugbesitzer, die sich „Automobilisten“ nannten, wurde die Automobil-Centrale bald zur wichtigen Anlaufstelle. Von nun an traf man sich in der Akademiestraße in Karlsruhe, bei Schoemperlen. Ein erster Meilenstein für den Jungunternehmer. Bald folgte ein „Generalvertreter-Vertrag“ mit den Bergmann-Industriewerken in Gaggenau, zu denen noch aus der Zeit der Automaten rege Beziehungen bestanden.
Die Gaggenauer Werke werden später von Carl Benz übernommen. 1926 schließlich sollten die Mannheimer Benz-Werke mit denen von Daimler in Untertürkheim fusionieren. So darf sich S&G heute der weltweit älteste Mercedes-Benz Vertragspartner nennen.
Um 1908 auf dem Hof der Automobil-Centrale in der Amalienstraße
Eine folgenschwere Pannenhilfe und die Freundschaft zu Carl Benz
Mit der zunehmenden Mobilität der Gesellschaft kommen zu Anfang des Jahrhunderts die ersten Überlandfahrten in Mode. Auch Ernst Schoemperlen nimmt mehrfach teil. 1905, als es in Deutschland bereits rund 27.000 Automobile gibt, führt so eine Ausfahrt zu einer einschneidenden Begegnung: Ebenfalls am Start sind ein gewisser Walter Gast und sein Bruder. Beide haben sich bereits auf den Weg gemacht, als ihr Fahrzeug streikt. Erste Diagnoseversuche bleiben erfolglos, dann hält plötzlich ein freundlicher Zeitgenosse an. Er stellt sich als Ernst Schoemperlen vor. Rasch wird klar: Der Mann hat Ahnung! Gemeinsam gelingt es, den lahmenden Benziner wieder flott zu kriegen. Aus der erfolgreichen Pannenhilfe sollte eine
lebenslange Geschäftspartnerschaft werden.
1908 tritt Walter Gast als Teilhaber in den Betrieb ein, der nun als Automobil-Centrale Schoemperlen und Gast firmiert. Beide Geschäftspartner teilen ihre Zuständigkeiten klar auf: Während sich Ernst Schoemperlen um Werkstatt und Service kümmert, verantwortet Walter Gast den kaufmännischen Bereich und die Kundenbetreuung. Von Anfang an harmoniert das
Duo reibungslos. Fast drei Jahrzehnte lang leiten Schoemperlen und Gast ihr Unternehmen gemeinsam. Dabei hält Ernst Schoemperlen lange an einer alten Gewohnheit fest: Wenn er in Sachen Technik nicht weiterweiß, setzt er sich einfach ins Auto und fährt nach Mannheim zu Carl Benz.
Der große Erfinder, mit dem ihn längst eine persönliche Freundschaft verbindet, hilft ihm garantiert auf die Sprünge. Und auch umgekehrt hat der Autohausgründer dem Genie wohl so einiges aus seiner praktischen Erfahrung mitgeben können. Selbst nach dem Tod von Carl Benz 1929 reißt der familiäre Kontakt nicht ab. Bis ins hohe Alter wünscht Bertha Benz zu
Fest- und Feiertagen immer höchstpersönlich Glück und Gesundheit – „von Haus zu Haus“.
Als Ernst Schoemperlen im Februar 1960 – drei Monate nach seinem langjährigen Weggefährten Walter Gast – stirbt, zählt die Belegschaft des von ihnen gegründeten Autohauses bereits 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bis zuletzt hörte es der Firmensenior gerne, wenn ihn „seine“ Leute „Vadder“ nannten.
Walter Gast
Aus der Keimzelle des legendären „ersten Laboratoriums“, wie Ernst Schoemperlen selbst seine frühe Werkstatt bezeichnete, ging die heutige S&G Gruppe hervor. Nach wie vor erinnern die beiden Buchstaben S und G an die Wegbereiter einer außergewöhnlichen Erfolgsgeschichte. Kein Autohaus weltweit ist der Marke Mercedes-Benz länger verbunden als S&G. Heute teilt sich das Unternehmen in die S&G Automobil AG mit 11 Standorten in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sowie in die S&G Automobil GmbH mit 7 Standorten in Sachsen-Anhalt. Gemeinsam zählen sie 18 Betriebe mit insgesamt rund 1.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – darunter 300 Auszubildende. Sie alle stehen für kompetente Beratung und umfassenden Service rund um die Marken Mercedes-Benz, Mercedes-AMG und smart.
Auch im gesellschaftlichen Engagement von S&G ist die Erinnerung an den Firmengründer präsent geblieben. So wurde bereits 1988 die Ernst-Schoemperlen-Stiftung ins Leben gerufen. Neben der S&G Stiftung, die sich u. a. Unfallopfern sowie der Verkehrserziehung von Kindern und Jugendlichen annimmt, widmet sie sich der Förderung von Studierenden des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), die auf dem Gebiet der Kraftfahrzeugtechnik und der Kraftfahrzeugwirtschaft besondere Leistungen erwarten lassen.